Rechtsschutz für fiktive Charaktere

23.10.2023

Fiktionale Figuren begegnen uns in der Produktwerbung genauso wie in der Literatur oder im Filmbereich. Harry Potter, Superman oder das Michelin-Männchen zeigen zudem den hohen wirtschaftlichen Wert und die umfangreichen Möglichkeiten der Auswertung für derartige künstlich geschaffene Charaktere. Doch rechtliche Auseinandersetzungen wie zuletzt der Rechtsstreit um die bärtige Werbefigur des Käpt’n Iglo belegen, dass bei der Verwendung juristische Risiken lauern können. Verantwortliche sind daher gut beraten, bei der Einführung neuer Figuren oder Maskottchen einige Grundregeln zu beachten.

Die rechtliche Absicherung von fiktionalen Charakteren ist komplex, nicht zuletzt, weil verschiedene juristische Disziplinen des gewerblichen Rechtsschutzes betroffen sind und die zu ergreifenden Maßnahmen umfangreich sein können. Neben den äußeren Merkmalen der Figur stellt sich die Frage, wie man mögliche Eigenschaften bzw. den Namen absichern kann. Dabei drängt sich zunächst der Urheberrechtsschutz nach dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) auf. Dieser greift automatisch, soweit im konkreten Fall die rechtlichen Voraussetzungen für die Entstehung gegeben sind. Eines Anmelde- bzw. Eintragungsvorgangs bedarf es nicht.

Kombination verschiedener gewerblicher Schutzrechte  

Gleichwohl ist man gut beraten, sich über die Frage des Bestehens von Urheberrechtsschutz Gedanken zu machen. Voraussetzung für die Entstehung des Schutzes ist eine persönlich geistige Schöpfung, die sich u.a. durch ein ausreichendes Maß an Originalität auszeichnet. Die Rechtsprechung hat über die Jahrzehnte hierzu eine ausgefeilte Rechtsprechung etabliert. Für künstlich geschaffene Film- bzw. Buchcharaktere wie Bambi und Asterix ist die Urheberrechtsschutzfähigkeit schon recht früh bejaht worden. Zu unterscheiden ist dabei stets die äußere Gestaltung von den sonstigen Merkmalen der Figur, z.B. der charakterlichen Ausformung der Persönlichkeit. Während Urheberechtsschutz für die äußere Gestaltung zumindest bei künstlichen Figuren (z.B. Comicfiguren) recht schnell bejaht wird, ist die Sachlage bei realen Personen, die mit bestimmten Eigenschaften oder einem besonderen Look auftreten weitaus komplexer. Äußerliche Gestaltungsmerkmale einer Person oder auch innere Attribute dieser Personen bzw. künstlicher Figuren sind anders als im Fall von Romanfiguren schwierig zu konkretisieren und treten häufig nicht klar nach außen. Denkbar ist jedoch auch hier ein Schutz.

Rechtesituation im Urheberrecht klären

Kommt Urheberrecht zum Tragen, sollte frühzeitig die Rechtesituation geklärt werde. Da fiktionale Figuren nicht selten von externen Auftragnehmern erstellt werden, ist darauf zu achten, die für die Verwendung benötigten Rechte einzuholen. Im Fall von Werbefiguren liegt ein möglichst weitgehender Rechteerwerb auf der Hand. Nur so lässt sich sicherstellen, dass man über die Figur weitestgehend frei verfügen und diese eigenständig weiterentwickeln kann. Wichtig ist zudem, darauf zu achten, dass die Frage der Urhebernennung geklärt wird.

Neben dem Urheberrecht kommt insbesondere das Markenrecht in Betracht. Auch hier sind für die Absicherung diverse Ansatzpunkte denkbar:

  • Die äußere Gestaltung von Figuren lässt sich durch sog. Bildmarken oder als 3D-Variante durch eine Formmarke absichern. Dies bietet den Vorteil, dass zeitlich unbegrenzter Schutz begründet werden kann. Markenschutz kann anders als Urheberrecht ohne zeitliche Limitierung in Anspruch genommen werden. Voraussetzung ist allein, dass die alle 10 Jahre fälligen Verlängerungsgebühren gezahlt werden. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass Markenschutz zunächst einmal auf die konkrete Gestaltung der angemeldeten Marke begrenzt ist. Die konkrete Reichweite hängt sodann von der individuellen Verwechslungsgefahr ab und ist somit eine Frage des Einzelfalls.
  • Empfehlenswert ist weiterhin die Anmeldung von Marken mit dem Namen der Figur. Dies sollte bestenfalls als Wortmarke erfolgen, da hieraus ein besonders weitgehender Schutz resultiert. Voraussetzung für die erfolgreiche Eintragung einer Wortmarke ist, dass Unterscheidungskraft besteht. Dies kann sich gerade bei bekannten literarischen Figuren als Hindernis erweisen- zumindest für Waren und Dienstleistungen aus dem Mediensegment (vgl. Batman-Entscheidung des Europäischen Gerichts 1. Instanz vom 7. Juni 2023, T-735/21). Weiterhin ist darauf zu achten, dass der Markenschutz für alle Länder erfolgt, in denen der Charakter aktuell bzw. perspektivisch ausgewertet werden soll.  
  • Inzwischen lassen sich bei vielen Markenämtern neue, innovative Markenformen eintragen, die gerade im Kontext des Einsatzes und der weiteren Absicherung fiktionaler Charaktere interessant sein können. Zu denken ist an Bewegungsmarken und Multimediamarken. Vorreiter für diese neuen Markenforme ist das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO). Aber auch vor dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) ist dies inzwischen möglich. Damit besteht die Möglichkeit, Bilderfolgen bzw. Videosequenzen mit Ton über Marken abzusichern.

Häufig vernachlässigt – das Designrecht

Einen weiteren Baustein für die rechtliche Absicherung eines fiktionalen Charakters kann schließlich das Designrecht bilden, was häufig übersehen wird. Mit einem Design wird die ästhetische Erscheinungsform einer Figur abgesichert, was neben dem Urheberrechtschutz ein zusätzliches Verteidigungselement gegen Übernahmen der äußeren Gestaltung bieten kann. Voraussetzung für Designschutz ist jedoch die Neuheit bzw. Eigenart der jeweiligen Gestaltung. Dies bedingt, dass die Anmeldung eines Designs zwingend innerhalb eines 12-Monatszeitraums nach erstmaliger Veröffentlichung zu erfolgen hat. Andernfalls ist die sog. Neuheitsschonfrist verletzt und die Eintragung faktisch wertlos. Einmal eingetragen, kann ein Design bis zu 25 Jahre Schutz bieten. In der EU gibt es neben eingetragenen Designs auch nicht eingetragene Designrechte, die allerdings zeitlich sowie hinsichtlich des Umfangs einen geringeren Schutz bieten (sog. nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster). Für diese ist – wie der Name sagt – ein Eintragungsverfahren nicht notwendig.

Wird der so abgesicherte fiktive Charakter oder eine damit in Zusammenhang stehende Werbung gleichwohl übernommen, bietet das Wettbewerbsrecht neben dem Urheberrecht, Markenrecht und Designrecht ein weiterer Ansatzpunkt für ein Vorgehen. Auf der Basis des Gesetzes gegen den Unlauteren Wettbewerb (UWG) kann man zum einen gegen eine Irreführung von Konsumenten vorgehen, als auch den sog. ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz zur Anwendung bringen. Letzterer bietet sich insbesondere bei im Markt gut etablierten Charakteren an, die über eine gewisse Bekanntheit verfügen. Relevant ist die Art der Figur, der Zeitraum, in dem diese bislang genutzt worden ist bzw. der Umfang der damit in Zusammenhang stehenden Werbemaßnahmen. Ob die Werbung eines konkurrierenden Unternehmens sodann untersagt werden kann, hängt von der Art der Annäherung ab. Dies illustriert auch die Auseinandersetzung um Käpt’n Iglo. Das dahinterstehende Unternehmen hatte sich an der Werbung eines ebenfalls Fischprodukte anbietenden Anbieters gestört. Auf der Verpackung des Konkurrenten war ebenfalls ein bärtiger Mann mit Mütze abgebildet. Gleichwohl wurde Ansprüchen nach der ersten Instanz (LG München, Az. 17 HK O 5744/20) auch in der zweiten Instanz eine Absage erteilt. 

UWG: Vorgehen gegen Trittbrettfahrer

Die Entscheidung zeigt, wie schwierig die Verteidigung von selbst gut und langjährig eingeführten fiktionalen Figuren sein kann. Gleichwohl sollte man sich davon nicht abschrecken lassen, denn die aufgezeigten rechtlichen Schutzmaßnahmen sind durchaus geeignet, um Trittbrettfahrer abzuschrecken und gegen Übernahmen vorzugehen. Im Ergebnis wird es sich für Unternehmen also anbieten, den rechtlichen Schutz einer Figur bereits bei deren Einführung auf breite Füße zu stellen. Etabliert sich der fiktionale Charakter sollte regelmäßig eine Überprüfung erfolgen und die mögliche Erweiterung der rechtlichen Schutzmechanismen vorangetrieben werden.